Podiumsdiskussion auf der Hannover Messe: „Digitalisierung in Wissenschaft und Wirtschaft“
Andrea Hirzle-Yager von der Allianz Deutschland AG, Thomas Losse-Müller, Leiter der Staatskanzlei des Landes Schleswig-Holstein, Maren Martschenko, 1. Vorsitzende der Digital Media Women Germany, und Professor Klaus Tochtermann, Direktor der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften, loteten auf dem Stand der Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU) in Halle 2, „Research & Technology“, aus, welche Anforderungen die Digitalisierung an Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft stellt.
Hirtzle-Yager bezeichnete die Digitalisierung als eine Herausforderung für die ganze Welt. Zu ihrer Bewältigung seien neue Formen der Kollaboration und neue Unternehmenskulturen vonnöten: „Klassische, säulenförmige Organisationsstrukturen helfen uns in dieser neuen Welt nicht mehr weiter. Was wir zunehmend brauchen, sind stattdessen diverse Teams, die gemeinsam Lösungen für komplexe Fragestellungen entwickeln können.“ Von Politik und Bildungsinstitutionen erwartet Hirtzle-Yager die Vermittlung von Technologiewissen sowie arbeitsgesetzliche und datenschutzrechtliche Klarheit für eine sich weiter internationalisierende und digitalisierende Wirtschaft.
Thomas Losse-Müller bezeichnete Digitalisierung „als große Chance für Schleswig-Holstein“. Diese habe inzwischen alle Politikbereiche erfasst. Der Wandel der Systeme sei dabei oft schneller, als darauf reagiert werden könne. Das betreffe auch die Hochschulen, Universitäten und die Verwaltung: „Der dadurch ausgelöste Stress birgt Probleme und Gefahren wie Entfremdung, Angst oder Ausbeutungstendenzen. Darauf müssen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Antworten finden“, mahnte der Digitalisierungsbeauftragte der schleswig-holsteinischen Landesregierung. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist dabei für Losse-Müller kein Königsweg. Von den Bildungseinrichtungen forderte er „eine neue Mischung von Fähigkeiten. Struktur, Logik, Visualisierung als Kommunikation: Es braucht einen spielerischen Umgang mit Informatik. Außerdem sind wir im gerade im digitalen Bereich nicht gut genug in der Weiterbildung aufgestellt.“
Für Maren Martschenko schafft die digitale Transformation gerade für Frauen neue Möglichkeiten: „Die digitale Welt ist gekennzeichnet durch Kommunikation und Vernetzung. Das kommt Frauen entgegen. Zurzeit sind Codes und die digitale Wirtschaft männlich dominiert. Es braucht deshalb Programme für Mädchen, um in ihnen die Begeisterung für das Digitale zu wecken und zu erhalten“, betonte die Unternehmensberaterin. Da alle neuen Entwicklungen aus der Softwareentwicklung kämen, forderte sie die Einführung von Programmier- und IT-Pflichtfächern analog zum Fremdsprachenunterricht schon ab der Grundschule.
Zur Besonnenheit im Umgang mit der Digitalisierung mahnte indes Professor Klaus Tochtermann: „Der digitale Wandel überfordert uns gar nicht so sehr, wie manche meinen.“ Die junge Generation empfinde Multitasking und Mehr-Kanalität auch nicht als Belastung. Wichtig für die digitale Wende seien einfache Nutzungsweisen und Schlüsselkompetenzen, um die Potentiale von Endgeräten voll ausschöpfen zu können. „Entscheidend wird es sein, inwieweit es uns gelingt, bei den Menschen die nötige Informationskompetenz zu erzeugen. Dazu gehört das Suchen und Bewerten von digitalem Wissen ebenso wie ein Grundverständnis davon, wie digitale Prozesse ablaufen.“ Den Hochschulen empfahl der Medieninformatiker, dazu stärker mit Schulen zu kooperieren und abgestimmte Infrastrukturen (Netz, Speicherung, Nutzungsrechte) zu schaffen. Sonst werde zu viel teure Doppelarbeit verrichtet.
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