Im Gespräch mit Sönke Lassen von Forward: Wie KI die Bewegtbildbranche transformiert
In einer Zeit, in der künstliche Intelligenz (KI) zunehmend in alle Lebensbereiche vordringt, steht auch die Bewegtbildbranche an der Schwelle zu einer Revolution. Sönke Lassen, einer der Geschäftsführer von Forward Filmproduktion, gibt uns tiefe Einblicke in das Potenzial und die Herausforderungen, die KI-Tools wie Sora für die Film- und Postproduktion bieten.
Wie kann Sora die Produktion und Postproduktion in der Bewegtbildbranche revolutionieren?
In den größten Szenarien wird KI zukünftig Filme erschaffen, ohne dass jemals ein Mensch daran gearbeitet hat, kein Schauspieler, kein Kameramann, kein Beleuchter.
Aktuell wird KI im professionellen Bereich erst einmal viele langwierige Prozesse abkürzen und vereinfachen. Vieles steht noch am Anfang, auch wenn es bereits viele beeindruckende Ergebnisse zur Bildgenerierung wie Sora gibt. Schaut man aber genau hin, dann laufen Personen aktuell durch Gitter und verschwinden plötzlich, haben Menschen drei Hände oder ein linkes Bein wird zum rechten. Und es ist aktuell schwierig, wenn man ein bestimmtes Ergebnis vor Augen hat, dieses entsprechende Ergebnis mittels KI zu bekommen. Es ist bisher immer ein „irgendwie“, aber kein „genau“. Aber das ist eine Frage der Zeit und es wird in kurzen Abständen immer besser werden. KI kann aktuell keinen Dreh mit exakten Handlungen ersetzen und bietet zu wenig Kontinuität, kann aber bereits jetzt helfen, Sets und Hintergründe für unsere Postproduktion zu erschaffen.
Der Einfluss wird schleichend kommen, wahrscheinlich aus dem privaten Umfeld heraus immer tiefer hinein in den professionellen Bereich.
Welche Herausforderungen sieht die Branche in Bezug auf die Integration von KI-Tools wie Sora, und wie können diese bewältigt werden?
Es muss in der Branche erst mal verstanden werden, was diese Tools leisten können und werden. Berührungsängste müssen abgebaut werden. Und es muss realistisch betrachtet werden, denn die Technik ist aktuell kein Zauberstab. Aber, und das muss einem klar sein, sie entwickelt sich in Höchstgeschwindigkeit und niemand wird diese Technik aufhalten können. Zurzeit gibt es viele Unstimmigkeiten, Meinungen und wenig Aufklärung.
Dann wird eine der größten Herausforderungen sein zu verstehen, was denn eigentlich noch echt ist von dem, was ich als Konsument an Bildern vorgesetzt bekomme. Das ist jetzt schon ein Problem und zukünftig wird das durch immer echter wirkende Bilder und Filme deutlich erschwert, was eindeutig eine Gefahr darstellt.
Interessant wird auch die Fragestellung sein, wie konsumiert der Zuschauer zukünftig? Was will er sehen? Kann Neues entstehen oder sehen wir immer wieder das, was schon mal da war, nur immer neu zusammengekocht, weil kein Mensch mehr sein ganz persönlich Erlebtes und die damit verbundenen Gefühle als Erfahrung nimmt, um individuelle Geschichten zu erzählen, sondern eine Maschine mathematisch gelernte „Gefühle“ in breit konsumierbare Geschichten und Bilder packt. Dadurch kann sich das Sehverhalten ändern, denn vielleicht wird es immer schwerer durch Bilder zu begeistern, wenn jeder von zu Hause aus ohne große Anstrengung völlig automatisiert beeindruckende Bilder und ganze Filme generieren lassen kann.
Die Arbeits- und Aufgabenfelder werden sich im Medienbereich teilweise stark verändern. SprecherInnen werden teilweise jetzt schon durch KI-Stimmen ersetzt. Musikkompositionen werden KI-gestützt erstellt, Drehbücher und Konzepte automatisch generiert, das sind die Anfänge, die jetzt schon funktionieren.
Wie sieht die Zukunft der Bewegtbildbranche aus, wenn Tools wie Sora immer mehr Aufgaben übernehmen (können)?
Wir haben mit den FORWARD STUDIOS einen eigenständigen Dienstleistungsbereich erschlossen, der sich auf die digitale Bildbearbeitung für Filme, die Generierung von 3D-Animationen, auf visuelle Effekte und Motion-Control-Arbeiten spezialisiert hat und stellen diese Dienstleistungen Agenturen und Produktionen zur Verfügung. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung damit, was KI-Tools aktuell leisten, um diese dann gezielt nutzen zu können. Aktuell funktioniert das auf der professionellen Ebene nur in Teilbereichen, bspw. wenn Skripte programmiert werden müssen, um spezielle Effekte zu generieren, vieles bleibt momentan aber Handarbeit von echten Menschen mit Talenten.
Die Branche wird sich zukünftig in vielen Feldern verändern, weil immer mehr Inhalt generiert werden kann mit immer weniger Aufwand und entsprechend immer weniger Menschen. Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Es wird auch immer schwieriger, die neuesten Entwicklungen im Blick zu behalten. Aber letztlich liegt es an uns, an welcher Stelle wir diese Tools einsetzen, wie wir Bilder und Geschichten gestalten und wie diese erlebt werden sollen. Ich glaube, dass KI dann ein riesiges Feld an neuen Möglichkeiten bietet.
Es wird interessant sein, wie bereits oben gesagt, ob in diesem Zuge Filme oder bewegte Bilder immer irgendwie gleich aussehen werden, weil sich KI aus im weitesten Sinne existierenden Bildern bedient, oder ob KI wirklich so intelligent sein wird, Neues schaffen zu können und imstande ist, menschliche Kreativität zu ersetzen. Dann wird es schwierig.