E-Government-Angebote nur für jede zweite Firma attraktiv
Unternehmen können ihre Behördengänge in Deutschland nur in den seltensten Fällen vollelektronisch erledigen. Online-Services der verschiedenen Verwaltungsebenen werden meist nicht durchgängig in ganz Deutschland angeboten. Die Folge: Gerade einmal jede zweite Firma (56 Prozent) hat im Jahr 2007 E-Government-Anwendungen genutzt. Im Vergleich aller 27 EU-Länder landet die Bundesrepublik lediglich im unteren Drittel auf Platz 21, teilte der Hightech-Verband BITKOM mit. „Der aktuelle Stand der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung wird der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung Deutschlands nicht gerecht. Es muss der Wirtschaft leichter gemacht werden, mit den öffentlichen Stellen digital zu kommunizieren“, sagte BITKOM-Präsident Prof. August-Wilhelm Scheer. „Mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie ist E-Government nicht mehr Kür, sondern Pflicht für die Verwaltung.“ Die Richtlinie muss bis Ende 2009 in Deutschland umgesetzt werden.
Eine zentrale Position nimmt bei der Dienstleistungsrichtlinie der sogenannte Einheitliche Ansprechpartner ein. Firmen können sich in Zukunft mit ihren vielfältigen Anliegen an diese eine Stelle wenden. Der Einheitliche Ansprechpartner kümmert sich dann – über bestehende Verwaltungs- und Zuständigkeitsgrenzen hinweg – um das Anliegen des Unternehmens. Allerdings droht in Deutschland durch eine Vielzahl von Umsetzungsvarianten das ursprüngliche Ziel der Vereinfachung verfehlt zu werden. Einige Bundesländer planen eine Lösung auf der kommunalen Ebene, andere auf Kreisebene, wieder andere möchten die Kammern als Ansprechpartner einschalten und manche sehen sogar die Schaffung neuer Anstalten öffentlichen Rechts vor. „Föderale Vielfalt ist und bleibt sinnvoll, aber nicht, wenn gerade eine nationale einheitliche Lösung angestrebt wird. Dort wo ein Einheitlicher Ansprechpartner von der EU gefordert wird, kann Kleinstaaterei nicht sinnvoll sein“, so Scheer.
Eine E-Government-Anwendung aus dem Finanzwesen ist in Deutschland besonders erfolgreich: die elektronische Steuererklärung (Elster). Mit dem elektronischen Einkommensnachweis (Elena), den das Bundeskabinett Ende Juni beschlossen hat, wurde ein zweiter Schritt in die richtige Richtung gemacht. „Leider startet Elena aber erst im Jahr 2012 und schöpft dann auch nur einen Bruchteil der Möglichkeiten aus“, kommentiert Scheer. „Wir müssen schleunigst weitere Bereiche wie die Prozesskostenbeihilfe, Wohnberechtigungsschein oder Unterhaltsstreitigkeiten einbinden.“
Andere Länder sind beim E-Government sehr viel weiter. In Finnland beispielsweise nehmen bereits seit Jahren mehr als 90 Prozent der Unternehmen per Internet Kontakt auf zu den Behörden. Ähnliche Spitzenwerte erzielen Irland (89 Prozent), Dänemark (88 Prozent), Luxemburg und die Slowakei (je 85 Prozent). Das ergeben aktuelle Zahlen der Statistikbehörde Eurostat.