XRechnung und ZUGFeRD als neue elektronische Rechnungsformate
XRechnung und ZUGFeRD sind die neuen elektronischen Rechnungsformate, die Unternehmen seit dem 27. November 2020 für den Rechnungsaustausch mit öffentlichen Auftraggebern in Deutschland verpflichtend verwenden müssen. Unsere Experten Julian Ruf und Stefan Asbahr, Consultants für Enterprise-Content-Management (ECM) und Digitalisierung bei der Vater Solution GmbH, berichten im Folgenden über die Hintergründe und Einsatzfelder dieser neuen papierlosen Rechnungsformate.
Am 16. April 2014 ist die europäische Richtlinie 2014/55/EU zur elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen erlassen worden, mit der Marktzutrittsschranken abgebaut und eine einheitliche Rechnungsstellung gefördert werden sollen. Ursprünglich sollte diese Richtlinie bereits bis zum 27.11.2018 im deutschen Recht umgesetzt werden. Da die Voraussetzungen zur Umsetzung der Richtlinie in Deutschland bis zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht geschaffen worden sind, hat sich das Eintrittsdatum verschoben.
Seit dem 27. November 2020 sind nun alle Unternehmen, die im Auftrag des Bundes tätig sind, verpflichtet, ihre Rechnungen ab einem Betrag von 1.000€ in elektronischer Form zu erstellen und zu übermitteln. (1)
Auf Länderebene gibt es dagegen noch keine einheitlichen Reglungen, welche Auftragnehmer verpflichten, die Rechnungen im elektronischen Format einzureichen. Allerdings müssen alle Behörden, auch auf Landesebene sowie kommunaler Ebene, Rechnungen im elektronischen Format akzeptieren.
Elektronische Rechnungen
Der Richtlinie nach ist eine Rechnung elektronisch, wenn
- sie in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und
- das Format die automatische und elektronische Verarbeitung der Rechnung ermöglicht. (2)
Die europäische Norm soll demnach ein semantisches Datenmodell für die Kernelemente einer elektronischen Rechnung enthalten, mit der jedes System die Rechnungen einheitlich verarbeiten kann. Eingescannte Rechnungen sowie einfache PDF-Dokumente zählen nicht als elektronisches Rechnungsformat.
Für die Übertragung elektronischer Rechnungen stehen momentan E-Mail, DE-Mail, diverse Webservices, Peppol sowie das Zentrale Rechnungseingangsportal des Bundes (ZRE) zur Verfügung.
Key Facts elektronische Rechnungen
Wen betreffen die Änderungen unmittelbar?
- Ab einem Betrag von 1.000€ sind alle Unternehmen ab dem 27.11.2020 verpflichtet, Rechnungen nach dem Standard XRechnung bei öffentlichen Auftraggebern des Bundes einzureichen.
- Gleichzeitig sind die öffentlichen Auftraggeber zum Empfang und Verarbeitung des Standards verpflichtet.
Wer zählt zu den öffentlichen Auftraggebern?
- Öffentliche Auftraggeber sind nach §98 und §99 GWB Gebietskörperschaften, wie Bund, Länder, Kommunen, Städte und Gemeinden sowie Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.
- Zusätzlich zu diesen „klassischen“ öffentlichen Auftraggebern sind auch solche juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts als öffentlicher Auftraggeber zu bezeichnen, die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllen. (3)
- Universitäten, Bundesbehörden, Zweckverbände, Stadtwerke, Anstalten, Körperschaften (z.B. Sozialversicherungsträger wie Krankenkassen), Stiftungen des Öffentlichen Rechts, Kultureinrichtungen (z.B. Bühnen und Theater) und andere kommunale Eigenbetriebe.
Vorteile durch den Versand elektronischer Rechnungen:
- Geringere Kosten, z.B. für Porto, Papier, Druckertinte/-toner und Ordner.
- Direkte bzw. zeitgleiche Verfügbarkeit der Rechnung in allen Fachabteilungen und in der Folge z.B. weniger Aufwand für Suche oder Fertigen von Kopien.
- Zeitersparnis, z.B. dadurch, dass Laufzeiten für den Weg zum nächsten Briefkasten oder zur Postagentur entfallen.
- Einsparung von Lagerfläche, weil die Rechnungen nicht mehr in Papierform archiviert werden müssen.
- Schnellere Zustellung der Rechnung an den Kunden, damit auch schnellere Begleichung und Liquiditäts- und Kostenvorteile, z.B. weniger Zinsen.
XRechnung
Auf dem Erlass der Richtlinie 2014/55/EU aufbauend, wurde der Datenaustauschstandard XRechnung entwickelt. Dabei handelt es sich um ein XML-basiertes Rechnungsformat, welches aufgrund seiner technischen Struktur nur von Computern und nicht vom Menschen lesbar ist. Das einheitliche Datenmodell hat den Vorteil, dass es unabhängig von bestimmten Technologien nutzbar und unkompliziert in bestehende IT-Systeme integrierbar ist. Die europäischen Vorgaben für das Datenmodell ergeben sich aus der Festlegung der Norm EN-16931.
ZUGFeRD
Um auch eine einfache Lesbarkeit für den Menschen gewährleisten zu können, wurde die XML-Datei in eine visuelle Darstellung im PDF/A-3 Standard Format integriert. Daraus entstanden ist ein hybrides Rechnungsformat mit dem Namen ZUGFeRD. ZUGFeRD ist die Kurzform für „Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland“ und im internationalen Kontext auch unter dem Namen Factur-X bekannt. Das hybride Rechnungsformat wurde zur Umsetzung der EU-Norm EN 16931-1:2017 in der deutsch-französischen digitalen Agenda entwickelt.
Eine ZUGFeRD-Rechnung bietet zwei wichtige Parameter: Zum einen steht den Rechnungsbearbeitern nach wie vor eine visuelle Darstellung der Rechnung mit den gesetzlich vorgegebenen Informationen (Gemäß Umsatzsteuergesetz sind die Mindestangaben einer Rechnung in §14 Abs. 4 UStG normiert) zur Verfügung. Zum anderen steht der nachgelagerten Software ein strukturiertes Rechnungsformat für die automatisierte Verarbeitung zur Verfügung.
Die aktuellen Profile ZUGFeRD 2.1.1 sowie Factur-X 1.0 erfüllen die spezifischen Anforderungen der öffentlichen Verwaltung in Deutschland sowie die spezifischen Bestimmungen des Standards XRechnung 1.2.2.Unternehmen, Verbraucher und die öffentliche Verwaltung können den Rechnungsaustausch mit verschiedensten Lösungen effizient in den Arbeitslauf integrieren.
Leitweg-ID
Damit eine Rechnung bei Übermittlung, insbesondere über das ZRE, dem korrekten Auftraggeber (Behörde) zugeordnet werden kann, wurde eine sog. Leitweg-ID eingeführt, die im Rahmen der Beauftragung an den Auftragnehmer übermittelt wird.
Die Leitweg-ID ermöglicht die genaue Adressierung für die automatische Verarbeitung und Weiterleitung der Rechnung vom zentralen Rechnungseingang des Bundes bis zum nachgelagerten Rechnungsfreigabeworkflow im jeweiligen ERP-System. (4)
Quellen
(1) (08.02.2021) www.hk24.de/produktmarken/beratung-service/unternehmensfuehrung/auftragsberatung/vergaberecht/erechnungsgesetz-bundeskabinett-verabschiedung-3441144
(2) (08.07.2016) Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 201455EU über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen
(3) (08.02.2021) www.aumass.de/glossar/oeffentliche-auftraggeber
(4) (28.06.2019) www.d-velop.de/blog/prozesse-gestalten/elektronische-rechnungen-von-zugferd-bis-xrechnung-das-sollten-sie-ueber-die-formate-wissen/
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